eine musikalisch-literarische Soiree
Sommersemester 2005
RNZ vom 28.07.2005
Frische Romantik
ESG-Chor in der Alten Aula Heidelberg – Leitung: Xaver Detzel
Von Klaus Roß
Unter seinem jungen Leiter Xaver Detzel hat der 1990 gegründete Chor der evangelischen Studierendengemeinde Heidelberg (kurz: ESG-Chor) in den vergangenen fünf Jahren immer wieder durch anspruchsvolles Repertoire, exzellente Ensemblearbeit und unkonventionelle Programmideen auf sich aufmerksam gemacht. Ähnlich hohen Reiz entfaltete auch der „Waldesnacht und Weltgewühle“ betitelte Ausflug in die deutsche Chorromantik, den Detzels rund 80-köpfige Truppe jetzt bei ihrem Semesterabschlusskonzert in der gut besuchten Alten Aula unternahm. Als stimmige Ergänzung dazu gab es eine schöne Auswahl bekannter wie unbekannter romantischer Lyrik, die Eva Lämmerzahl und Raphael Utz mit angenehm ruhiger und unprätentiöser Diktion vortrugen. Daniel Kirchmanns bei einigen Nummern hinzu- tretende Klavierbegleitung ließ an Zuverlässigkeit nichts zu wünschen übrig.
Der sehr flexibel singende ESG-Chor zeigte sich an diesem Abend intonatorisch wie interpretatorisch glänzend disponiert und gefiel vor allem in den bewegteren Stücken durch geradezu anspringende Frische. Xaver Detzel sorgte für flüssige Tempi und beredte Phrasierung, was insbesondere den betont lyrischen Beitragen des Programms jeden Anflug falscher Betulichkeit nahm. Hier wurde romantisches Gemüt nicht mit biederer Gefühlsduselei verwechselt, sondern mit leidenschaftlicher Innigkeit und vielgestaltiger Emphase zum Klingen gebracht.
Neben einem reichen Angebot an Brahms und Mendelssohn-Leckerbissen harte man dabei so seltene Pretiosen wie Schumanns farbensatt-balladeskes „Zigeunerleben“ op. 29/3, Fanny Hensels volksliedhaft-schlichte „Lockung“ op. 3/1, Schuberts nur für Männerchor gesetzten „Geistertanz“ D 494 „Hugo Wolfs“ extravagant-expressive „Resignation“ (aus den geistlichen Liedern von 1881) und Max Regers wunderbar still-verklärtes Nachtlied op.
138/3 (aus den späten geistlichen Gesängen). Dass sich zwei dem so genannten „leichten Genre“ entnommene Evergreens wie „Michelle“ (in einem feinen Arrangement von K.F. Jehrlander) und „Ich hab‘ mein Herz in Heidelberg verloren“ problemlos ins romantische Programmumfeld einfügten, sprach ebenfalls für das sichere musikalische Gespür des vom Publikum zu Recht begeistert verabschiedeten Chores.